KULTUR FÜRTH
Bissig und bluesig:
Georg Ringsgwandl gastierte mit seinem ,,Staffabruck"-Programm im Stadttheater.
Haarscharf an der Wirklichkeit
Georg Ringsgwandl und ,, Die alten Giftler" im Stadttheater Fürth - Induktive Gesellschaftsforschung
Ringsgwandl bleibt Ringsgwandl:
Zynisch und bissig wie eh und je ätzte sich der Kabarettist, Gitarrist, Sänger und Mediziner - diesmal mit
dem Begleittrio ,,Die alten Giftler" - auf der Bühne des Fürther Stadttheaters durch ein blueslastiges, stark
autobiographisch gefärbtes Programm.
Das zugrundeliegende Songmaterial stammt von Dr. Georg Ringsgwandl persönlichster und stillster Platte
der letzten Jahre, dem Album ,,Staffabruck" (zu hochdeutsch ,,Staufenbrück", Vorstadt von Bad Reichenhall
und Ringsgwandls Heimatort). Stücke, die hintergründig, nachdenklich, eher sanft skurril denn schrill und
schräg sind.
Der Blues-Tonfall erscheint bei Nick Woodland (Gitarre), Georg Maria Esser (E-Baß) und Skip
Thaller(Schlagzeug) noch deutlicher, noch klarer definiert, als dies Ringsgwandls frühere Combos zustande
brachten. Was in der Folge auch den Kontrast zu den betont lakonischen Zwischentexten erheblich
verschärft.
Sparsamer Zeitungsleser
Die Figuren, die der Kabarettist aufs Korn nimmt, sind immer dicht an der Wirklichkeit, subtil, kaum merklich
überzeichnet - da bleibt mancher Lacher im Halse stecken oder löst sich erst mit Verzögerung. Daß
Ringsgwandl seine Zeitung aus Sparsamkeitsgründen nur gebraucht liest und sich ,,ernsthaft" überlegt, ob er
die ,,Süddeutsche" von vor ein paar Jahren nachbestellen soll, bewegt sich ebenso im Bereich des
Denkbaren wie seine ,, induktiv - von - unten - analytische Gesellschaftsforschung" - er schließt vom
einzelnen Fernsehzuschauer auf den Bundeskanzler...
Daß man den CSU - Landrat von Garmisch für einen ,,halblinken" Grünen halten könnte und dafür der neue
SPD-Innenminister ausländerfeindliche Parolen von sich gibt, wundert Ringsgwandl schon gar nicht mehr.
Zur Kompensation dieser Aus- und Einfälle geht er mit seinem ,,binären Bassisten - hochintelligent, aber
autistisch" - und dem Rest der Truppe auf Tournee durch Krampfader-Heilbäder und entdeckt in einem
schmalen Tal im Odenwald ein ganzes Dorf voller Foto - modelle, die hier ihre Entschlackungskur machen.
"Daß die dann an der Verschmutzung des Rheins schuld sein sollen" ist eine jener typisch abstrusen
Assoziationsketten a la Ringsgwandl, der gerne vom Hundertsten ins Tausendste kommt und dabei den
Rückweg ins Hauptmenü seines geistigen Laptops nur mehr mit Publikumshilfe findet.
Er ist halt einer, bei dem nicht das Pferdehalfter, sondern gleich die ganze Pferdehälfte an der Wand
hängt, ein Meister des schwarzen Humors dessen Scherze schmerzhafte Widerhaken haben. Ringsgwandl,
das lebende Statement gegen die Tendenz zur seichten Comedy und zum behaglichen Amüsement.